Bauvorhaben sind oftmals Eingriffe in die Natur, die zu Herausforderungen für die Umwelt werden können. Um negative ökologische Auswirkungen zu minimieren, sind gesetzliche Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben. Doch was genau bedeutet das und wie werden diese Maßnahmen umgesetzt?
Notwendigkeit von Ausgleichsmaßnahmen
Bei der Umsetzung von Bauvorhaben werden teilweise Flächen versiegelt, Vegetation entfernt und Lebensräume verändert. Diese Eingriffe können Folgen für die Biodiversität haben, indem sie den Pflanzen und Tieren ihren natürlichen Lebensraum entziehen. Hier kommen ökologische Ausgleichsmaßnahmen ins Spiel, die sicherstellen sollen, dass die Natur nicht dauerhaft geschädigt wird. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen der Entwicklung menschengemachter (Infra-)Strukturen und dem Schutz der Umwelt zu schaffen.
Das Einbeziehen ökologischer Aspekte sollte bereits in der Planungsphase eines jeden Bauprojektes – so auch bei erneuerbaren-Energien-Projekten – beginnen und sich nahtlos über die Bau- und Betriebsphase bis hin zu einem anschließenden systematischen Monitoring erstrecken. Es ist dabei entscheidend, die Gemeinden, lokale Bevölkerung und Naturschutzverbände frühzeitig in die Planung einzubeziehen und ihre Erfahrungen und Anregungen zu berücksichtigen. Ihr Fachwissen kann wesentlich dazu beitragen, die Bauprojekte langfristig naturverträglich zu gestalten, die Akzeptanz in der Region zu steigern und einen tatsächlichen Mehrwert für die lokale Flora und Fauna zu schaffen.
Rechtliche Grundlagen
In Deutschland regelt das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) die Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen. Vor allem § 13 und § 15 BNatSchG sind hier relevant. Diese Paragrafen legen fest, dass Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen oder kompensiert werden müssen. Es heißt hier wortwörtlich: „Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen).“ Dabei setzen Ausgleichsmaßnahmen direkt am Ort des Eingriffs ein, Ersatzmaßnahmen andernorts „in dem betroffenen Naturraum“.
Grundsätzlich legt auch §1 (6) 7 des Baugesetzbuchs (BauGB) fest, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Belange des Umweltschutzes, einschließlich der des Naturschutzes und der Landschaftspflege, zu berücksichtigen sind. In diesem Paragrafen wird eine detaillierte Liste der Umweltbelange festgehalten, die bei der Planung zu berücksichtigen sind. Darunter zählen die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt.
Formen der Ausgleichsmaßnahmen
Die Art der Ausgleichsmaßnahmen muss je nach Projekt und Standort individuell festgelegt werden. Häufig umgesetzte Maßnahmen sind:
- Aufforstung und Waldpflege: Neuanpflanzungen von heimischen Bäumen und Sträuchern; Pflege bestehender Wälder
- Renaturierung: Wiederherstellung natürlicher Lebensräume wie Feuchtgebiete (Moore, Sümpfe etc.), Flüsse, Waldflächen, etc.
- Artenschutzprogramme: konkrete Maßnahmen, die dem Schutz und der Förderung spezifischer gefährdeter Tier- und Pflanzenarten dienen; z.B. Installation von Nist- und Brutkästen
- Ersatzlebensräume: Anlage neuer Biotope wie Blühstreifen, Wildblumenwiesen, Trockenrasen, Hecken oder Tümpel, um den Verlust von Lebensräumen auszugleichen; Gestaltung von Flächen für spezielle Arten wie Brutplätze für Vögel oder Rückzugsgebiete für Amphibien
- Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit: Initiativen zur Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit über den Naturschutz; Workshops und Schulungen für die lokale Bevölkerung
Es genügt jedoch nicht, die Maßnahmen einmalig durchzuführen – entscheidend für die langfristige Naturverträglichkeit der Bauvorhaben ist ein an den Standort angepasstes Flächenmanagement und ein weitergehendes Monitoring auch nach Bauabschluss. Ausgleichsflächen müssen für die gesamte Dauer des Eingriffs in die Natur und Landschaft erhalten bleiben.
Kompensation durch Ökopunkte
Eine weitere Möglichkeit zur Kompensation von Bauvorhaben stellt der Erwerb von Ökopunkten dar. Ökopunkte sind, vereinfacht ausgedrückt, eine Art Währung, die Grundstückseigentümer erhalten, wenn sie einen Teil des eigenen Landes naturnah umgestalten oder renaturieren. Diese Ökopunkte können entweder behalten oder an Personen und Unternehmen verkauft werden, die solche Punkte für ihre Vorhaben benötigen.
Das bedeutet, dass Bauherren oder Verursacher von Eingriffen in die Natur nicht zwingend selbst Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung durchführen müssen und dies teilweise vor Ort auch gar nicht können. Stattdessen können sie Ökopunkte von Dritten erwerben, die bereits in der gleichen Region (oder teilweise auch außerhalb) Renaturierungsmaßnahmen oder andere ökologische Maßnahmen durchgeführt haben.
Die Herausforderung: die Flächenfindung
Auch für die Schaffung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind passende Flächen ein knappes Gut und nicht immer einfach zu identifizieren, zumal diese eben auch meist einen regionalen Bezug zum jeweiligen Bauvorhaben haben müssen. Deshalb entwickeln wir bei solarea kontinuierlich neue technische Ansätze für unsere räumlichen Analysen. So können wir beispielsweise Waldschadflächen durch Borkenkäferbefall identifizieren, auf denen eine nachhaltige und klimawandelangepasste Aufforstung möglich und sinnvoll ist, oder trockengelegte Moore ausmachen, die wiedervernässt werden können. Ebenso spüren wir Biotope und lokale Ökosysteme auf, die erweitert werden könnten. So können wir lokale Ausgleichsflächen finden, die in Kombination mit den richtigen Maßnahmenpaketen einen Beitrag für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Zukunft leisten können.
Fazit
Der Ausbau von menschlicher Infrastruktur und Siedlungsentwicklung darf nicht auf Kosten der Natur gehen. Ökologische Ausgleichsmaßnahmen sind ein wichtiger Baustein, um die Balance zwischen notwendigem Fortschritt und Umweltschutz zu wahren.
Wird das Bauvorhaben nicht direkt vor Ort, sondern außerhalb des Bauprojektes ausgeglichen, so kann man dies als „Umzug“ der ökologisch wertvollen Flächen auf ein anderes Gebiet betrachten. Als besonders sinnvoll betrachten wir hier die Möglichkeit, ungenutzte versiegelte Flächen, ausgelaugte oder erodierte landwirtschaftliche Areale, Kalamitäts- oder anderweitige Brachflächen als Ausgleichsflächen heranzuziehen und diesen somit eine neue Chance auf Renaturierung zu ermöglichen. Besitzt jemand eine geeignete Fläche, die sich nicht zu hochwertigeren Nutzungen eignet, könnte diese potenziell als Ausgleichfläche aufgewertet werden und anderen Flächen eine Entwicklung und Wertsteigerung ermöglichen. Wir von solarea haben ein gutes Auge und entsprechende Analysetools dafür, die Eignung einer Fläche für alternative Nutzungsmöglichkeiten zu erkennen und entwickeln derzeit ein innovatives System, das uns bei der Identifizierung von Ausgleichsflächen für Bauvorhaben jeglicher Art hilft.