Floating-Photovoltaik – Wie Deutschlands künstliche Gewässer zur Energiewende beitragen können

erstellt am: 25.07.2022

Deutschlands künstliche Gewässerflächen bieten ein großes Potenzial für die Errichtung von Floating-PV (FPV), sprich auf dem Wasser schwimmender Photovoltaik-Anlagen, um somit nachhaltigen Strom zu produzieren. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) schätzt das FPV-Potenzial allein auf Braunkohletageseen nach Abzug aller relevanten Ausschlusskriterien in Deutschland auf 2,74 GW. Damit könnten über 400.000 Haushalte mit Solarstrom versorgt und rund 1,1 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Doch das gesamte Potenzial für FPV ist um einiges höher, denn in Deutschland kommt man auf insgesamt 4474 künstliche Standgewässer. So gibt es 725 Baggerseen und 354 Kiesseen; der Anteil der Braunkohletagebauseen liegt nur bei 12,9%.

 

Der große Vorteil im Vergleich zu PV-Freiflächenanlagen ist dabei, dass keine landwirtschaftlich nutzbaren Flächen in Anspruch genommen werden und FPV-Anlagen somit nicht mit der Lebens- und Futtermittelproduktion konkurrieren. Des Weiteren kann die Stromproduktion durch den Kühleffekt des Gewässers erhöht werden, die Gewässer erleiden weniger Wasserverluste durch Verdunstung und werden durch die partielle Verschattung der Module weniger erwärmt. Erste Studien zeigen außerdem, dass FPV-Anlagen keine negativen Auswirkungen auf die Wasserqualität oder Biodiversität haben und somit keinen Schaden an der Umwelt nehmen. Wasserflächeneigentümer profitieren auf zweierlei Weisen von FPV: Sie können ihre bis dahin ungenutzte Wasserflächen nun nutzen, um grünen Strom für eigene Betriebe (z.B. Kieswerke) zu produzieren oder um sie an Unternehmen zu verpachten, welche dort FPV-Anlagen errichten, betreiben und einen festen Pachtpreis an die Eigentümer zahlen. Zur Wirtschaftlichkeit von FPV lässt sich bislang sagen, dass Vorteile wie der Wasserkühlungseffekt, die Minimierung der Wasserverdunstung, die geringeren Betriebs- und Wartungskosten sowie die schnelle Installation und Wartung die etwas höheren Anfangsinvestitionskosten von FPV-Anlagen im Vergleich zu Freiflächenanlagen derselben Größe über die Laufzeit wieder ausgleichen.

Während in den Niederlanden die Vergütung bereits ausreichend ist, um FPV wirtschaftlich umsetzen zu können, gilt es in Deutschland noch, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Genehmigungspraxis zu vereinfachen. Ein neuer Absatz im EEG 2023, dem am 7. Juli 2022 im Rahmen des obengenannten Osterpakets zugestimmt wurde, schreibt vor, dass besondere Solaranlagen, unter welche „Agri-PV“, „Floating-PV“ und „Parkplatz-PV“ fallen, nun in die Freiflächenausschreibungen integriert werden. Somit wird eine Erweiterung der Flächenkulisse für PV leichter umsetzbar gemacht und die bestehende Flächenkonkurrenz zwischen Stromerzeugung und Landwirtschaft sowie Naturschutz wird entschärft. Bislang war eine Förderung nur über die Innovationsausschreibungen als Teil einer Anlagenkombination möglich. Doch ein Artikel im neuen Gesetz legt dem Ausbau von FPV weiterhin Steine in den Weg. Die zusätzlichen Anforderungen in Artikel 12 Nummer 3 definieren einen Mindestabstand vom Ufer von 50 Metern und begrenzen die Bedeckung der Gewässeroberfläche durch die PV-Anlage auf maximal 15 Prozent.  Durch diese Restriktionen kann das Potenzial schwimmender PV-Anlagen in Deutschland jedoch nicht ausreichend genutzt werden, hieß es in einer Stellungnahme der Länder. Hierdurch sei die Wirtschaftlichkeit herabgesetzt, da sich zum einen die Anlagengröße und damit der potenzielle Ertrag reduziert, und zum anderen der Mindestabstand auch zu einer deutlich längeren Strecke zum Anschlusspunkt an Land führt. Obwohl der Bundesrat Ende Mai mehrheitlich einem Änderungsantrag, die Restriktionen aus dem Gesetzentwurf zu streichen, zustimmte, wurde in der EEG 2023 Novelle lediglich der Mindestabstand zu Ufern von 50 m auf 40 m verringert. Dies ist als äußerst kritisch zu betrachten, denn wenn die Energiewende im Zeitraffer gelingen soll, müssen die vorhandenen Potenziale für Photovoltaikanlagen schneller nutzbar gemacht werden.

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