Windenergieanlagen und Fledermausschutz

erstellt am: 18.07.2022

Betrachtet man potenzielle Konflikte zwischen Windenergieanlagen und dem Artenschutz, so darf die Artengruppe der Fledermäuse dabei nicht vernachlässigt werden. Für Fledermäuse wird es gefährlich, wenn Anlagen an Waldstandorten stehen, wo wegen erhöhter Fledermausaktivität auch mit höheren Schlagopferzahlen und Verlust von Baumquartieren und Jagdhabitaten zu rechnen ist. In Deutschland leben 25 Fledermausarten, die alle zu den besonders und streng geschützten Arten zählen. Dadurch ist der besondere Artenschutz nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und damit auch das individuenbezogene Tötungsverbot bei jedem Ausbau der Windenergie zu beachten.

Laut eines aktuellen Fachpapiers der NABU, muss der Fokus des Fledermausschutzes beim Windenergieausbau primär auf der Sicherung von Lebensräumen und Standorten hoher Fledermausaktivität liegen. Prinzipiell können Habitat Modellierungen „windenergiesensibler“ Arten zum Finden von Ausschlussgebieten dienen. Die Datenlage zu Fledermäusen in Deutschland ist jedoch bisweilen unzureichend und erschwert es, bei der Raumplanung Artenschutzaspekte umfassend zu behandeln. Somit können zum jetzigen Zeitpunkt nicht alle Artenschutzkonflikte auf Ebene der Flächenausweisung abgehandelt werden. Es müssen zusätzliche Maßnahmen her.

Systeme zur Abschaltung durch frühzeitige Erkennung von Tieren, die in den Gefahrenbereich von WEA fliegen, werden ausgiebig für die Artengruppe der Vögel erforscht (siehe Beitrag „Windenergieanlagen und Vogelschutz“). Derartige kamerabasierten Systeme sind jedoch (bis dato) kaum auf die Situation bei Nacht für Fledermäuse übertragbar. Wichtig sind hier temporäre Abschaltungen zu Zeiten hoher Fledermausaktivität (zb. Abenddämmerung), die ohne Zweifel dazu geeignet sind den Fledermausschlag zu reduzieren. In dem neuen Eckpunktepapier der Bundesregierung zur „Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land“ wird eine zeitliche Begrenzung dieser abschaltungsbezogenen Vermeidungsmaßnahmen auf eine kritische Stundenzahl festgelegt.

Hierzu äußerte sich der Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland e.V. (BVF) in einem Positionspapier kritisch. Insgesamt sei die Gruppe der Fledermäuse im Eckpunktepapier unzureichend adressiert und Klimaschutz und Biodiversitätsschutzziele weiterhin nicht gleich gewichtet worden. Sie legen dar, dass es zwar zu begrüßen ist, dass laut des Eckpunktepapiers Abstandskriterien zu Drehfunkfeuern, Wetterradaren sowie Flächen mit militärischem Vorrang für den Windenergieausbau reduziert werden, dies den Druck auf ökologisch sensible Lebensräume jedoch nur bedingt reduzieren wird. Um den Druck tatsächlich zu mindern, sollte laut BVF ein Fokus auf dem Einführen einheitlicher Regelungen für Abstandskriterien zu Wohnbebauung liegen, die zum Beispiel in Bayern immer noch ohne wissenschaftlich fundierte Basis praktiziert werden. Wenn dies nicht passiert, müssten immer mehr Waldstandorte, welche ein zentraler Lebensraum für europäische Fledermäuse sind, erschlossen werden um die Ausbauziele zu erreichen. Eine Anpassung der Abstandskriterien könnten einen erheblichen Flächenzugewinn für die Nutzung von Windenergie in artenschutzfachlich konfliktärmeren Bereichen erzielen. Außerdem sei es notwendig, alte Anlagen zu überprüfen und dem Stand der Technik mittels abschaltungsbezogener Vermeidungsmaßnahmen anzupassen. Über 90% der Schlagopferzahlen an geschützten Fledermausarten könnten hierdurch reduziert werden. Bestehende Möglichkeiten zum Artenschutz bei der Nutzung und dem Ausbau der Windenergie müssen konsequent umgesetzt werden, zumal sie den Ertrag der Anlagen nur minimal schmälern.

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