Solarparks – Eine Chance für die Biodiversität

erstellt am: 05.01.2023

Der Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist immer wieder der Kritik ausgesetzt, Landschaftsbilder und ökologische Lebensräume zu zerstören. Doch zahlreiche Studien belegen Gegenteiliges: Standorte mit Solarparks können nicht nur grünen Strom erzeugen, sondern auch einen neuen, artenreichen Lebensraum entstehen lassen.

In einer umfangreichen Studie vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) wurden Biodiversitätsaspekte von 75 Solarparks in neun deutschen Bundesländern genauer unter die Lupe genommen. Ergebnisse zeigen, dass die Errichtung von PV-Anlagen bei explizit naturverträglicher Ausgestaltung – diese Form der Nutzung wird allgemein „Biodiversitäts-PV“ genannt – zu einem deutlich positiven Effekt auf die Artenvielfalt vor Ort führt. Grund hierfür sind Störungsarmut durch Einzäunung, der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel oder Düngung sowie die extensive Nutzung und Pflege des Grünlands in den Reihenzwischenräumen. Dies steht auch in deutlichem Kontrast zu den intensiv landwirtschaftlich genutzten Standorten an denen Energiepflanzen (Siehe Beitrag vom 08.08.2022) angebaut werden. Die Studie zeigt weiterhin, dass der Reihenabstand der Module ein gravierender Faktor für die Biodiversität ist. Breitere besonnte Streifen zeigen höhere Arten- und Individuendichten auf als schmale Reihenabstände. Dies wurde vor allem für Insekten, Reptilien und Brutvögel nachgewiesen.

 

Soll der Solarpark auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche errichtet werden, so ist auch hier das Entstehen eines artenreichen Biotops möglich. Als Musterprojekt kann hier das Projekt „EWS Sonnenfeld Bruck/Leitha“ in Österreich dienen, bei welchem der Fokus darauf lag, die Errichtung eines 3 MW Solarparks in Einklang mit einer landwirtschaftlichen Nutzung und einer artenreichen Biodiversität zu bringen. Während die eingesetzten Solarmodule nur 2% der Gesamtfläche verbrauchen und 18% des Areals mittels Blühstreifen und Bienenweiden der Steigerung der Biodiversität dienen, können 80% der Fläche weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden.  Dieses Paradebeispiel zeigt, wie es gelingen kann, Synergien aus erneuerbarer Energie, Landwirtschaft und Umweltschutz entstehen zu lassen.

Das Anlegen von Biodiversitäts-PV auf ehemalig intensiv genutzten Ackerflächen könnte auch dabei helfen, die Bodenqualität wiederherzustellen. Um eine PV-Anlage im Boden zu verankern, ist nur sehr wenig Platz nötig – bis zu 99 Prozent der Fläche bleiben unversiegelt. Außerdem bleibt der Boden durch die Umnutzung von Ackerflächen von Pestiziden, Düngemitteln oder Gülle verschont, wodurch die Nitratbelastung zurück geht – der Boden kann regenerieren und steht nach der durchschnittlichen Lebensdauer eines Solarparks von 20 bis 40 Jahren danach wieder für die Landwirtschaft zur Verfügung.

Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität in Solarparks sollten schon in der Planung berücksichtigt werden. So kann von Anfang an ein Flächenanteil als Ausgleichsfläche zum Anlegen von Blühstreifen, Bienenweiden etc. ausgewiesen werden. Die Wahl der Module, der Umzäunung und der richtigen Reihenabstände muss frühzeitig erfolgen, um der Umwelt später zugute zu kommen. Das Einbeziehen von Biodiversitätskonzepten bei der Planung von Solarparks stellt eine gelungene Maßnahme gegen den Rückgang von Insektenpopulationen, bedrohter Tier- und Pflanzenarten sowie den Schutz vor Bodenerosion dar. Somit können Freiflächenanlagen zusätzlich zu ihrem Klimaschutzbeitrag Flächen aufwerten und zum Erhalt der biologischen Vielfalt beitragen.  Die Ergebnisse, die dadurch erzielt werden, gehen laut bne weit über den naturschutzfachlichen Mindestausgleich von Baumaßnahmen hinaus.

Das im Mai 2024 verabschiedete Solarpaket I im EEG setzt nun erstmals naturschutzfachliche Mindestkriterien für geförderte Solaranlagen des ersten Segments voraus. Gebote können nur eingereicht werden, wenn die geplanten Anlagen mindestens drei der nachstehenden Kriterien erfüllen:

  1. die von den Modulen maximal in Anspruch genommene Grundfläche beträgt höchstens 60 Prozent der Grundfläche des Gesamtvorhabens,
  2. auf den Boden unter der Anlage wird ein biodiversitätsförderndes Pflegekonzept angewandt
  3. die Durchgängigkeit für Tierarten wird gewährleistet, indem
    a) bei Anlagen, die an mindestens einer Seite eine Seitenlänge von mehr als 500 Metern aufweisen, Wanderkorridore für Großsäuger angelegt werden, deren Breite und Bepflanzung die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigen, und
    b) die Durchgängigkeit für kleinere Tierarten gewährleistet wird,
  4. auf mindestens 10 Prozent der Fläche der Anlage werden standortangepasste Typen von Biotopelementen angelegt,
  5. die Anlage wird bodenschonend betrieben, indem
    a) auf der Fläche keine Pflanzenschutz- oder Düngemittel verwendet werden und
    b) die Anlage nur mit Reinigungsmitteln gereinigt wird, wenn diese biologisch abbaubar sind und die Reinigung ohne die Verwendung der Reinigungsmittel nicht möglich ist.

            (Gesetzestext entnommen aus § 37 EEG 2023)

 

Diese Mindestkriterien für geförderte Solaranlagen zeigen also deutlich, dass der Beitrag von Freiflächen-Photovoltaik zur Förderung der Biodiversität anerkannt wurde und nun entsprechend vorangetrieben wird. Es ist jedoch essenziell, die Maßnahmen an die spezifischen lokalen Ökosysteme anzupassen und möglichst viele der Kriterien sorgsam umzusetzen. Auf diese Weise können große Solaranlagen nicht nur günstige und nachhaltige Energie liefern, sondern auch langfristig positive lokale Auswirkungen auf die ober- und unterirdische Natur haben, wodurch sie zu einem Gewinn für Mensch und Natur werden.

                                   (Erstellung des Blogbeitrags Januar 2023, Aktualisierung Juli 2024)

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